Es gibt Tage, da fühle ich mich einfach wunderbar. Da bin ich Sonne in meinem System und ich fühle mich wie eine Urgöttin, die das System nährt und lebendig hält. Meine Kraft spüre ich dann tief und unerschöpflich und fühle mich als „Botschafterin des Lichts“. Ich stehe dann wie ein Leuchtturm auf dem Felsen.
Mein Licht durchdringt alles, was dunkel und undurchsichtig scheint, es strahlt und strahlt, vor allem zunächst für mich selbst. Mit meinem Licht offenbart sich mir ein großer Horizont, ich sehe deutlich, wie weit das Feld meiner Möglichkeiten ist. Doch ich halte das Licht auch als Orientierung für alle, die es brauchen, die sich
scheinbar im Dunklen gefangen fühlen.
Ja, an solchen Licht-Tagen fühle ich mich bis in meine letzte Zelle lebendig, stark und kraftvoll. Es ist, als legte ich mir selbst die Welt zu Füßen.
Und dann gibt es die anderen Tage, so wie heute. Draußen regnet es, und es
ist kalt. Alles ist grau in grau. In mir auch. Keine Spur von Sonne, Wärme,
Strahlen. Es scheint, es hätte mir irgendwer das Licht ausgeknipst. Der Leuchtturm hat sich in Luft aufgelöst einfach so. Und ich fühle mich wie ein zartes kleines Streichholzlicht, das um sein Leben flackert. Was ist passiert?
Man(n) hat mir von „ihr“ erzählt. Eine Bekannte, eine erfolgreiche Frau und
tolle Erscheinung. Ich kenne sie schon geraume Zeit, unsere Wege kreuzen
sich immer wieder. Sie ist erfolgreich in ihrem Beruf, ihr Auftreten ist toll, ihr
Styling perfekt, ihr Wissen beeindruckend. Eine Frau, durchaus bewundernswert.
Und kein Neid bei mir, ich kann mich darüber freuen, dass es so tolle Menschen gibt. Heute hat man wir wieder von dieser Frau erzählt. Und heute ist es anders.
Offensichtlich hat mich das Grau des Tages auch innerlich grau gemacht.
Es ist, als hätte dieses Grau mein eigenes Licht verschluckt.
Die Erzählungen über diese Frau kommen heute anders bei mir an. Ich beginne, mich mit dieser Frau zu vergleichen und fühle mich unscheinbar, klein und unbedeutend.
Ich stelle mich selbst neben ihr in den Schatten. Sie ist das Licht. In ihrem Licht verblasse ich, ich sehe mich selbst nicht mehr. All das, was mich sonst ausmacht, all das, an dem ich an mir selbst normalerweise so viel Freude habe – weg! Wo sind meine gute Laune, meine Offenheit, meine Herzlichkeit? Alles weg.
Ich könnte mich verkriechen.
Ich gebe stets mein Bestes. Trotzdem läuft nicht immer alles so, wie gewünscht.
Auch, weil es Dinge zu geben scheint, die ich nicht beeinflussen kann. Genau da hakt jetzt eine Stimme im Kopf ein und reklamiert meine Unzulänglichkeiten.
Sie hinterlegt in meinem Kopf eine lange Liste mit allem, was mich an mir zweifeln lässt, mich unzufrieden macht. Schließlich sind da ja auch meine Ansprüche, meine
Vorstellungen und vor allem meine Erwartungshaltung an mich selbst.
Die Stimme im Kopf ist eine bekannte Gesellin: die innere Kritikerin.
Die ist sehr streng mit mir. Sie tadelt und maßregelt mich, weist mich zurecht. Nach und nach werde ich kleiner und kleiner,. Und wo ist bloß mein Licht?
„Es liegt doch an dir“, flüstert mir eine innere Stimme zu, „Du bist es, die dir
dein Leben hell macht. Du weißt das und du kannst das“. „Weiß ich“, flüstere ich zurück: „Aber heute hab ich grad keine Lust“.
Ich mag nämlich nichts tun, ich mag mich nicht ausrichten, ich will einfach nur
meine Ruhe. Heute bleibt mein Tag einfach grau, innen und außen. Weil
heute grad nicht mehr von mir für mich möglich ist. Mit den grauen Wolken,
die heute den Himmel verschließen, will mein Licht partout nichts zu tun haben. So habe ich auch keine Lust, mir mein Licht wieder anzuknipsen.
„Du genießt wohl deine Opferrolle“, meint die innere Stimme. „Keine Spur“, sage ich, „heute wähle ich bewusst das Grau und gebe mich damit zufrieden“. In mir wird’s ruhig. Keine Stimme. Keine Kritik. Jegliche Anspannung weicht plötzlich, wie von Zauberhand. Was und wie geschieht mir gerade? Erstaunt spüre ich der Veränderung nach.
„Du hast akzeptiert, was ist. Heute ist eben deine Welt in ganz viele Schatten getaucht“, flüstert mir eine Stimme zu. Ich muss schmunzeln, erlebe ich doch, was ich lehre. Spiritualität offenbart sich dort, wo man den eigenen Horizont verändert. Den Horizont verändern heißt auch, graue Tage zu akzeptieren, anzunehmen und das Beste daraus zu machen.
Kaum beginne ich, diese Erkenntnis zu leben, verändern sich meine inneren
Farben. Ich fühle mich wieder bunt. Und spüre, wie ein kleines Flämmchen
in mir beginnt, stärker und stärker zu leuchten.
(Text erschien zuvor im aktuellen Engelmagazin 6/2015)
Fotocredit: shutterstock_176227091
Daniela Hutter
schreibt, bloggt und hält Seminare zum Thema bewusste Lebensführung. Es ist ihre Passion, alte Tradition mit zeitgemässer Spiritualität zu verbinden. Mit Menschen zu sein bereitet ihr Freude und deshalb bietet sie auch persönliche Coachings an.
Als Autorin schreibt Daniela Hutter für verschiedene Zeitschriften. Aktuell arbeitet sie an ihrem nächsten Buch. Bereits erschienen sind die Bücher „Lass deine Träume wahr werden“ (2013) und „Den Tag mit Engeln beginnen“ (2008), sowie das Kartenset „Energien der neuen Zeit“ (2013). Ihr neuestes Buch „Mach dein Leben hell“ erscheint im August 2015. Aktuell arbeitet sie an ihrem nächsten Buch "Das Yin-Prinzip" (erscheint 2016)
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